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20. Sep 2024

KBV läutet heiße Phase der ePA-Einführung ein

Aufgeheizte Stimmung beim 30. Anbietermeeting der KBV. Immerhin: Praxis-IT-Branche und Ärzteschaft eint das Ziel einer nutzerfreundlichen ePA.

Rund 320 Teilnehmer:innen im Livestream und vor Ort: Das ist schon ein Wort, selbst für die traditionell gut besuchten, jährlichen Anbietermeetings der KBV. Das erste derartige Meeting fand vor genau 30 Jahren statt. Damals, 1994, war die Krankenversichertenkarte, die KVK, gerade erst eingeführt worden. Und die (damals stark von Papierordnern geprägten) Quartals-Updates waren für die Branche noch völliges Neuland.

Nur Anforderungen formulieren oder auch Erwartungen managen?

In diesem Jahr stand, keine Überraschung, die elektronische Patientenakte (ePA) im Vordergrund. Die KBV in Person ihres neuen Leiters Stabsbereich Digitalisierung, Dr. Philipp Stachwitz, nutzte die Veranstaltung, um nochmal auf die ärztlichen Anforderungen an eine ePA einzugehen, die in der Versorgung dann auch funktioniert. Stachwitz antwortete außerdem auf zahlreich geäußerte Kritik an einigen Publikationen der Kassenärzt:innen in den letzten Monaten, die manchem in der Industrie sauer aufgestoßen sind. Konkret ging es dabei – siehe Links am Ende des Artikels – um die im Mai von der KBV vorgelegten „Anforderungen an das Praxisverwaltungssystem“ und um ein ohne KBV-Beteiligung erstelltes und Ende August vorgelegtes Eckpunktepapier „Anforderungen an die elektronische Patientenakte“ der KV Niedersachsen.

Industrie fühlt sich vom Schwarzen Peter gekitzelt

Die Kritik seitens der Industrie ähnelt jener, die schon in der komplikationsreichen Einführungsphase des eRezepts geäußert wurde: Es würden Erwartungen geschürt, die zumindest zum Start der ePA Mitte Januar realistisch gesehen nicht eingehalten werden könnten. Und es werde durch Formulierungen wie „Anforderungen an das PVS“ der Schwarze Peter quasi vorsorglich zu den Praxis-IT-Herstellern geschoben.

Was sich die Industrie stattdessen wünscht, ist eine Art Erwartungsmanagement, bei dem realistisch kommuniziert wird, dass eine performante und nutzbare ePA-Einbindung in die Praxis-IT das gemeinsame Ziel aller sei, dass es Mitte Januar aber erstmal ruckeln wird – auch weil die ePA nach dem Willen der Politik nur vier Wochen im Versorgungsalltag getestet werden soll. Jan Meincke von MediSoftware formulierte es so: „Es gibt bisher noch nicht einmal eine Referenzumgebung, gegen die wir Prototypen testen können. Wenn man maximale Erwartungen schürt, dann wird es zwangsläufig Enttäuschungen geben.“

KBV fordert interaktive Dokumentenübersicht

Um welche Punkte geht es bei diesen Diskussionen genau? Zum einen erwarten die Kassenärzt:innen, dass mit dem Stecken der eGK ohne zusätzliche Bestätigungen angezeigt wird, ob der Patient bzw. die Patientin eine ePA hat und ob, und wenn ja wie lange, die Praxis darauf zugreifen darf. Natürlich, so Stachwitz, könne ggf. erst das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) durchgeführt werden: „Entscheidend ist, dass hier keine Klicks und x-fachen Bestätigungen nötig sind. Die Praxen brauchen möglichst schnell Transparenz.“

Darauf dürften sich alle Beteiligten auch noch einigen können. Schwieriger aus Sicht der Industrie wird es bei der Wunschliste der KBV zum Thema: Was wird wie und wie schnell angezeigt? Auch hier, darauf legte Stachwitz wert, würden nur Basisanforderungen formuliert und keine Detailvorgaben zur konkreten Umsetzung gemacht. Wichtig sei vor allem eine Dokumentenübersicht, anhand derer erkennbar ist, welche Dokumente neu und welche bereits im PVS vorhanden sind. Diese Dokumentenliste müsse anhand von Metadaten sortierbar sein. Eine übergreifende Suche über alle Metadaten hinweg sei zwingend, und sobald eine Volltextsuche technisch möglich ist, müsse diese auch implementiert werden.

Dokumente in die ePA laden: „Kein Automatismus“

Weiterhin sei es für die Akzeptanz im Versorgungsalltag entscheidend, dass Ladezeiten für Dokumente kurz sind – „in der Regel maximal zwei Sekunden“, schreibt die KBV. Auch brauche es die Option, dass angesehen Dokumente standardmäßig heruntergeladen werden, wobei die Speicherung in der Behandlungsakte dann eine aktive Entscheidung sein müsse. Seien Medizinische Informationsobjekte (MIOs) vorhanden, dann müssten diese an zentraler Stelle im PVS gut sichtbar angezeigt werden.

Beim Hochladen wiederum wendet sich die KBV gegen eine „Hochladeautomatismus“, hält eine Option dazu nach aktiver Entscheidung der ärztlichen Nutzer:innen aber für sinnvoll. Es müsse zudem möglich sein, Dokumente, die nicht in die ePA eingestellt werden sollen, zu kennzeichnen, und die Praxis-IT sollte dann auch verhindern, dass entsprechende Dokumente eingestellt werden, wenn dies versehentlich versucht werde.

„Einfach und selbsterklärend“

Letztlich, so Stachwitz, sei es doch so: „Je einfacher und selbsterklärender die Funktionen der ePA im PVS sind, umso zufriedener sind Ärzte und Psychotherapeuten.“ Auf Seiten der KBV und des KV-System stehe ab September 2024 die Phase einer intensiveren Kommunikation in Sachen ePA an. Mehrere Publikationen aus der Reihe PraxisInfoSpezial liegen bereits vor oder sind kurz vor der Fertigstellung. Es gibt im Rahmen des Internetauftritts der KBV eine Themenseite zur ePA, wo unter anderem zahlreiche Informationsgrafiken und Schaubilder sowie ein mit Anwender:innen gemeinsam produziertes Erklär-Video abrufbar sind. Geplant sind außerdem Online-CME-Fortbildungen und andere Veranstaltungen.

Auf Nachfrage ging der Stabsbereichsleiter noch auf die Themen mobilen ePA-Zugriff und 90-Tage-Frist ein. Der bisher nicht vorgesehene, mobile Zugriff auf die ePA im Rahmen von Videosprechstunden sei sinnvoll und finde die Unterstützung der KBV. Stachwitz verwies auf die Gesundheits-ID, die das ermöglichen soll. Inwieweit auch Verfahren wie CardLink genutzt werden könnten, blieb offen.

Beim Thema 90-Tage-Zugriff wünsche man sich im Schulterschluss mit der Industrie bessere Lösungen insbesondere für jene Patient:innen, die keine ePA-App nutzen. „Das werden viele sein“, so Stachwitz. Bisher ist vorgesehen, dass ePA-Nutzer:innen in ihrer App eine Praxis des Vertrauens für einen zeitlich unbefristeten Zugriff freischalten können. Ohne ePA-App soll das nur über Ombudsstelle gehen: „Hier wünschen auch wir uns bessere Lösungen“, so Stachwitz.

In Kooperation mit Redaktion E-HEALTH-COM

Weitere Informationen:

Kassenärztliche Bundesvereinigung: Die elektronische Patientenakte ab 2025 – Anforderungen an das Praxisverwaltungssystem https://www.kbv.de/media/sp/PraxisInfoSpezial_ePA2025_PVS_Anforderungen.pdf

KV Niedersachen: Eckpunktepapier – Anforderungen an die elektronische Patientenakte (ePA) in der vertragsärztlichen Versorgung https://www.kvn.de/internet_media/Presse/Pressemitteilungen/Eckpunktepapier+ePA+KVN.pdf

Quelle: E-HEALTH-COM