Kabinettssitzung mit dem Schwerpunkt „Digitalisierung“
Hessisches Kabinett beschließt Förderprogramm für Mobilfunk auf dem Land und gründet „Rat für Digitalethik“
Das Kabinett beschloss heute in einer Sitzung mit dem Schwerpunkt „Digitalisierung“ 50 Millionen Euro für eine bessere Mobilfunkversorgung in ländlichen Regionen zu investieren. Zudem wird ein „Rat für Digitalethik“ und ein Zentrum für Künstliche Intelligenz am Finanzplatz Frankfurt eingerichtet. Den satellitengestützten Ortungsdienst SAPOS wird das Land ab 2019 kostenlos zur Verfügung stellen. Das Kabinett befasste sich außerdem mit den Planungen für ein wissenschaftliches Zentrum zur „Verantwortungsvollen Digitalisierung für den Menschen“ und entschied über die zukünftige Ausrichtung der digitalen Verwaltung. Darüber hinaus will die Regierung den Ausbau der Telemedizin weiter forcieren.
Erfolg der Hessischen Digitalstrategie fortführen
„Wir nutzen die Chancen der Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und haben schon sehr viel erreicht. Hessen ist eines der führenden Länder in Europa, in einigen Bereichen sogar weltweit. Das ist das Ergebnis unserer Digitalstrategie, die wir konsequent fortführen“, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier. Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir ergänzte: „Wir wollen als erste in der Gigabit-Gesellschaft ankommen. Dazu treiben wir den Breitbandausbau für schnelles Internet und den Lückenschluss beim Mobilfunk weiter voran.“
„Wichtig ist uns dabei, dass der Mensch und der Nutzen für die Gesellschaft im Vordergrund stehen. Die Digitalisierung ist für den Menschen da, nicht umgekehrt“, betonte der Regierungschef. An der Sitzung in Wiesbaden nahmen Prof. Dr. Joachim Fetzer von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und Karl-Heinz Streibich, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech und früherer Vorstandsvorsitzender der Software AG in Darmstadt, mit Impulsvorträgen teil.
Dass Hessen im Bereich der Digitalisierung gut aufgestellt ist, belegen die Fakten:
- Hessen zählt beim Breitbandausbau zu den Top drei der Flächenländer in ganz Deutschland und kommt seinem Ziel des schnellen Internets für alle immer näher. Ende des Jahres sollen flächendeckend Breitbandanschlüsse von 50 Mbit/s oder mehr für alle Haushalte verfügbar sein.
- Ein Meilenstein auf dem Weg in die digitale Zukunft ist das nordhessische Datenleitungsprojekt, eines der größten in Europa: Mit mehr als 2.000 Kilometern Glasfaserkabel werden 570 Ortsteile in fünf Landkreisen angeschlossen.
- Mit einer 4G-LTE-Abdeckung von 98 Prozent der Haushalte gehört Hessen im Mobilfunkbereich zu den bestversorgten Flächenländern.
- Die Region Frankfurt/Rhein-Main beherbergt den weltweit größten Internetknoten und ist zudem führender Rechenzentrumsstandort.
- Darmstadt gilt inzwischen als das Silicon Valley Europas und international anerkanntes Zentrum für IT-Sicherheit.
Hessen soll Spitzenreiter werden
„Wir haben gemeinsam eine intelligente Politik der Digitalisierung in und für Hessen gestaltet, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Aber wir wollen noch mehr: Wir wollen, dass Hessen in Deutschland Spitzenreiter im Bereich der Digitalisierung wird. Deshalb haben wir das Ziel, Glasfaser in jede Stadt und in jedes Dorf Hessens zu bringen. Zugleich stehen wir mit den Mobilfunknetzbetreibern in Verhandlungen. Es soll hessenweit keine Lücken mehr auf der Mobilfunk-Landkarte geben“, sagte der Ministerpräsident. Mit ihrem Förderprogramm stellt die Landesregierung in den Jahren 2020 bis 2024 50 Millionen Euro zur Verfügung. Damit können bis zu 300 neue Mobilfunkmasten aufgestellt werden – auch in Gebieten auf dem Land, wo es wirtschaftlich auf absehbare Zeit nicht rentabel sein wird. Ziel ist, in Zukunft bei der Versorgung mit dem extrem schnellen 5G-Mobilfunkstandard Vorreiter zu sein.
„Die Digitalisierung ist eine technisch-ökonomische Revolution, die sich auf alle Lebensbereiche auswirkt“, sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir. „Sie stellt uns vor Herausforderungen, denen wir begegnen müssen, sie bietet aber auch sehr große Chancen, die wir nutzen wollen. Hessen hat deshalb 2016 als eines der ersten Bundesländer eine eigene Digitalisierungsstrategie formuliert. Der heute vorgelegte Fortschrittsbericht zeigt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben und gut vorangekommen sind.“
Start-ups und etablierte Unternehmen vernetzen
Als Beispiel nannte Al-Wazir das Frankfurter Gründerzentrum TechQuartier, das Start-ups der Finanztechnologie mit etablierten Unternehmen vernetzt. „Der Finanzplatz Frankfurt hat eine große wirtschaftliche Bedeutung für unser Land“, sagte der Minister. „Wir haben deshalb hohes Interesse, dass er den Übergang in die digitale Zukunft schafft. Einrichtungen wie das TechQuartier sind dafür extrem wichtig, und der Erfolg übertrifft unsere Erwartungen.“ Al-Wazir kündigte als nächsten Schritt die Einrichtung eines Zentrums für Künstliche Intelligenz am Finanzplatz Frankfurt an: „Künstliche Intelligenz wird enorme Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Finanzwirtschaft gewinnen. Daher wollen wir die in Frankfurt bestehenden Aktivitäten bündeln und verstärken.“
Kleine und mittlere Unternehmen unterstützen
„Die Digitalisierungspolitik der Landesregierung kommt der ganzen hessischen Wirtschaft zugute“, sagte der Minister. Er verwies auf die Unterstützung insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen in Form von Beratung und Investitionshilfen sowie auf das Engagement des Landes beim Ausbau der Dateninfrastruktur: „Der künftige 5G-Standard wird die mobile Kommunikation in eine neue Dimension heben. Wir sorgen mit unserem Förderprogramm dafür, dass der ländliche Raum dabei nicht zurückbleibt.“ Außerdem wird das Land für den hochpräzisen satellitengestützten Ortungsdienst SAPOS vom Jahreswechsel an keine Gebühren mehr verlangen. Der von den deutschen Vermessungsverwaltungen entwickelte Dienst greift auf Daten des amerikanischen GPS- und des russischen GLONASS-Systems zurück und bereitet sie so auf, dass sie eine zentimetergenaue Positionierung ermöglichen. Dies erlaubt es z. B. in der Landwirtschaft, Bewässerung und Ausbringung von Düngern punktgenau zu steuern.
Telemedizin vorantreiben
„Ganz besonders wichtig ist uns außerdem, mit Telemedizin die ärztliche Versorgung auf dem Land zu optimieren“, sagte Bouffier. Das Land stellt für Innovationsprojekte in den Jahren 2018 und 2019 jährlich sechs Millionen Euro zur Verfügung. Bereits jetzt sind neun Kliniken in Nordhessen ohne neurologische Abteilung mit Experten im Klinikum Kassel vernetzt, die beispielsweise bei Schlaganfällen eine rasche Versorgung ohne lange Rettungswege ermöglichen. Gemeinsam mit der Technischen Hochschule Mittelhessen und der Justus-Liebig-Universität Gießen wird das Land ein Kompetenzzentrum für Telemedizin und E-Health einrichten.
Verwaltung digitalisieren
Daran, dass Verwaltungsvorgänge zukünftig rund um die Uhr, papierlos, einfach, sicher und bequem von Zuhause aus erledigt werden können, arbeitet die Landesregierung unter der Federführung von Finanzminister Dr. Thomas Schäfer. Er bestimmt als Chief Information Officer die IT-Strategie des Landes und kümmert sich darum, dass Hessen eines der führenden Länder in der digitalen Verwaltung – dem eGovernment – bleibt. „Die digitale Verwaltung ist kein Selbstzweck, sondern dient den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen. Sie soll das Leben und Wirtschaften in Hessen noch einfacher machen. Dabei leitet uns eine Vision: Alles. Zuerst. Einmalig. Alles, denn unser Ziel ist es, alle Angebote des Landes auch digital anzubieten. Zuerst, da es unser Ziel ist, neue Angebote des Landes zuerst digital anzubieten – nach wie vor aber auch analog. Und einmalig, da wir erreichen möchten, dass Bürger und Wirtschaft ihre Angaben bei der Verwaltung nur einmal machen müssen. Die Verwaltung soll darauf immer wieder zurückgreifen können. Das ist das digitale Hessen der Zukunft“, sagte Dr. Schäfer.
Hessen als Expertenstandort für ethische Fragen der Digitalisierung
Grundsätzlich, betonte der Regierungschef, müssten bei allem Fortschritt auch Bedenken und Befürchtungen der Menschen ernstgenommen werden. „Nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch wünschenswert. Die Maschine darf den Menschen nicht ersetzen. Mit dem ,Rat für Digitalethik‘ und den Überlegungen zum ,Zentrum für Verantwortungsbewusste Digitalisierung für den Menschen‘ haben wir wichtige Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Hessen zum deutschen TOP-Standort für ethische Fragen im Zusammenhang mit der Digitalisierung wird“, sagte Bouffier. „Wir brauchen einen gesellschaftlichen Diskurs über den Einsatz von Technologien jenseits der Frage des Machbaren.“
Der „Rat für Digitalethik“, dem hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft angehören, wird sich unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten im September konstituieren und soll die Landesregierung in den relevanten ethischen Fragen beraten. Dabei sollen zukunftsgerichtete und innovative Antworten auf sich stellende Herausforderungen gefunden werden. Das interdisziplinär arbeitende Zentrum soll Hochschulen in Hessen, die sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Menschen befassen, in einem einzigartigen Netzwerk zusammenfassen.
Mitglieder des „Rates für Digitalethik“ unter Vorsitz des Hessischen Ministerpräsidenten:
Name
Funktion / Organisation
Dr. Georg Bätzing
Bischof von Limburg
Prof. Dr. Martin Hein
Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Carsten Kratz
Deutschlandchef Boston Consulting Group, Frankfurt
Dr. Benjamin Krause
Staatsanwalt, Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT), Generalstaatsanwaltschaft, Außenstelle Gießen
Manfred Krupp
Intendant des Hessischen Rundfunks
Florian Leibert
Gründer des Start-Up Mesophere, Silicon Valley
Roman und Heiko Lochmann
„Die Lochis“
Dr. Pero Micic
Vorstandsvorsitzender FutureManagementGroup AG, Eltville
Prof. Dr. Heinz Riesenhuber
Bundesforschungsminister a.D.
Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch
Der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
Hans Georg Schnücker
Stellvertretender Vorsitzender des Verbandes Hessischer Zeitungsverleger e.V. (VHZV), VRM GmbH & Co. KG, Mainz
Prof. Dr. Kristina Sinemus
Präsidentin der IHK Darmstadt, Geschäftsführerin genius GmbH, Darmstadt, Professorin Quadriga-Hochschule, Berlin
Harald A. Summa
Gründer und Geschäftsführer des Verbands eco – Verband der Internetwirtschaft, Geschäftsführer der DE-CIX Management GmbH
Prof. Dr. Ralf Steinmetz
Inhaber des Lehrstuhls für Multimediakommunikation, TU Darmstadt
Prof. Dr. Ruth Stock-Homburg
Inhaberin des Fachgebiets Marketing und Personalmanagement, TU Darmstadt
Karl-Heinz Streibich
Vorstandsvorsitzender der Software AG, Darmstadt (2003-2018),
Präsident acatech (seit 2018)
Volker Weber
Landesbezirksleiter und Vorsitzender des Landesbezirksvorstandes IG BCE
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